Der Greta Effekt

März 03, 2019

Seit 2018 gibt es den sog. Greta - Effekt:

https://www.gea.de/welt/politik_artikel,-der-greta-effekt-_arid,6124738.html

Hier eine gute Analyse im Reutlinger General-Anzeiger

Auch aus dem Cicero kann hier zitiert werden, dort wird auch massiv zitiert, wie die sog. Klimaskeptiker (z.B. EIKE) argumentieren:

Eine Marionette grüner NGO's?

Es ist ein Argument, mit dem auch andere Politiker versuchen, die Bewegung zu diskreditieren. Oder besser: totzuschlagen. Der Hass, der Greta und ihren Mitstreitern entgegenschlägt, nimmt langsam bedenkliche Ausmaße an. Dass sie eine PR-Marionette der Politik sei, ist noch eines der harmloseren Gerüchte. Und es ist wohl kein Zufall, dass es ausgerechnet von rechten Klimawandel-Leugnern gestreut wird. Dass eine 16-Jährige ihren Kopf nicht nur zum Zöpfetragen benutzt, das sprengt deren Menschenbild. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Deshalb müssen Verschwörungstheorien her.
Sind es die Umweltorganisationen „Wedonthavetime AB“ oder Climate Justice Now, die Greta druckreife Reden ins Gepäck schmuggeln? Oder stecken ihre Eltern dahinter? Das sind so Gerüchte, die im Internet kursieren. Ihr Vater ist ein in Schweden bekannter TV-Schauspieler und Drehbuchautor, die Mutter Opernsängerin. Zusammen haben sie ein Buch über ihre Tochter geschrieben. Beide müssen sich inzwischen den Vorwurf gefallen lassen, sie würden die autistische Tochter vermarkten und an ihrem Siegeszug verdienen. Sogar von „Kindesmissbrauch“ und hybrider Kriegsführung ist die Rede. Hybride was? Nein, man hat sich nicht verhört. Es war die Bundeskanzlerin persönlich, die den Schülerprotest auf der Münchener Sicherheitskonferenz in die Nähe russischer Propaganda-Kampagnen rückte. 

 

Setzen, Sechs!

Solche Reaktionen verraten mehr über die Absender als über den Adressaten. Dass eine 16-jährige bei ihren Ausflügen in die Politik unterstützt wird, versteht sich wohl von allein. Auch Provinzpolitiker leisten sich heute PR-Berater. Ist das nicht legitim? Dem Mädchen aber mit Blick auf seine seelische Behinderung jede Überzeugung abzusprechen, grenzt an Diffamierung.
Ein doppelter Riss geht durchs Land. Er verläuft nicht nur zwischen der politischen Elite und dem Volk. Er verläuft auch zwischen den Jungen und den Alten. Die demonstrierenden Schulschwänzer sind ein Test für unsere Demokratie. Wieviel Rebellion verträgt die Politik? Man geht nicht zu weit, wenn man sagt, dass ihn Gretas Hater nicht bestanden haben. Setzen, Sechs!
Dabei hätten die Kritiker doch eigentlich allen Grund, sich über die Jugend von heute zu freuen. Die, so suggeriert die Bewegung #FridaysforFuture, lebt nicht in ihrer digitalen Filterblase. Sie steht mit beiden Beinen auf dem Boden im Leben und geht mit offenen Augen durchs Leben. Sie glaubt nicht alles, was man ihr erzählt. Sie demonstriert für ein besseres Klima. Und sie schafft es, ihren Forderungen Gehör zu verschaffen – nicht nur auf der Straße, auch auf der politischen Bühne. Es ist der erste Schritt auf dem Weg zum mündigen Bürger.
Was wollen wir eigentlich mehr?

In der Zeit vom 25. April 2019 standen zwei Artikel zu Greta Thunberg im Feuilleton

1.
https://www.zeit.de/2019/18/greta-thunberg-asperger-erkrankung-eltern-buch

Krank ist das neue Gesund

Hier wurde im wesentlichen das Buch der Eltern von Greta Thunberg besprochen: Die Eltern von Greta Thunberg erklären in ihrem Buch, wie erst die ganz Familie erkranken musste, bevor sie für den Klimaschutz kämpfen konnte (von Iris Radisch)

Die Thunbergs glauben, eine ganz besondere Familie zu sein. Dieses Foto zeigt Greta (r.) und ihre Schwester Beata als Kleinkinder. © Per Arvidsson/IBL/imago

Man weiß noch nicht genau, ob es eine hoffnungsvolles oder ein alarmierendes Zeichen ist, dass nicht ein Nobelpreisträger der Physik der Wirtschaft und der Politik in der Schicksalsfrage unserer Zeit den Marsch bläst, sondern ein Teenager. Dem Ernst und dem Charisma des engelhaften und perfekt Englisch sprechenden Mädchens aus Schweden, das zwar schon 16 Jahre alt ist, aber durch eine Wachstumsstörung in ihrer Kindheit nur knapp 1,50 Meter groß ist und auch sonst wie eine kindliche Jungfrau von höchstens zehn oder elf Jahren aussieht, kann sich kaum jemand entziehen. ...

und

2.
https://www.zeit.de/2019/18/klimaschutzaktivistin-greta-thunberg-hoffnung-mythos-hegel

Was Hegel schon über Greta Thunberg wusste

Sie muss keine Antworten geben, denn es reicht, dass sie Gewissheit hat: Das erste Gesicht einer Schülerin will eine verborgene Hoffnung befreien (von Dominik Finkelde)

Klimaschutzaktivistin Eine Erscheinung auf die ihre Zeit gewartet hat Greta Thunberg hier im Londoner House of Parliament ist mit Hegel gedacht ein Subjekt das schon da war bevor es da war
Eine Erscheinung, auf die ihre Zeit gewartet hat: Greta Thunberg, hier im Londoner House of Parliament, ist, mit Hegel gedacht, ein Subjekt, das schon da war, bevor es da war. © Leon Neal/Getty Images

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Ein solches Zusammentreffen (von Orten und Individuen) ist für den deutschen Idealisten möglich, weil gesellschaftliche Verhältnisse Subjekte erzeugen können, die - wenn sie plötzlich da sind - rückwirkend ihre Ankunft beglaubigen. Um Hauser und Thunberg rankt sich dabei ein ähnlicher Mythos: der vom "wilden" wie auch "unschuldigen" Kind; ein Narrativ, das die symbolischen Rollen der beiden Jugendlichen in den jeweiligen Öffentlichkeiten verstärkt. So wie zahlreiche Disziplinen sich das Schicksal Hausers aneigneten, so wollen sich Aktivisten, Künstler und Künstlerinnen an der Seite von Thunberg zeigen.
[...]

Dies ist eine mehr philosophische Betrachtung zu einem eigenartigen historischen Effekt - der Gleichzeitigkeit eines "Zeitgeistes" und einer diesen repräsentierenden Person mit relativ kindlichem Aussehen.